Practice English Speaking&Listening with: Israels Linke appelliert an deutsche Linkspartei

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Angebot zum Dialog Israels Linke appelliert an deutsche Linkspartei,

sich für gerechten Frieden in Nahost einzusetzen

Über 100 linke Israelis haben am Donnerstag in einem offenen Brief die deutsche Linkspartei

zu einer solidarischen Politik als Voraussetzung für die Durchsetzung einer friedlichen Lösung

des Konflikts in Israel/Palästina aufgefordert. Zu den Unterzeichnern gehören Universitätsprofessoren,

prominente Feministinnen, Wehrdienstverweigerer und Künstler. Wir dokumentieren das Schreiben

mit unwesentlichen Kürzungen. Liebe Genossinnen und Genossen, diesen Brief

schicken wir Euch als israelische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die in linken Gruppen und

Organisationen in Israel/Palästina aktiv sind. Diese befassen sich mit Themen wie Menschenrechten,

Ökologie, Frieden, Flüchtlingshilfe, soziale Gerechtigkeit, Arbeiterrechten, Feminismus

und queeren Kämpfen. Wir setzen uns in unserem Land und in unserer Gesellschaft für eine

grundlegende soziale Veränderung ein, für das Ende der Besatzung und die Schaffung einer

Gesellschaft, in der alle Bewohnerinnen und Bewohner des Landes gleiche Rechte genießen.

Wir haben uns zu diesem Brief entschlossen, nachdem uns wiederholt Berichte über Aktivitäten

Eurer Partei bezüglich der Situation in Israel/Palästina bekannt wurden, so die Teilnahme von führenden

Mitgliedern Eurer Partei an einer Demonstration im Januar 2009 in Berlin, auf der die Weiterbombardierung

des Gazastreifens gefordert wurde; das Bestehen und die Akzeptanz eines Bundesarbeitskreises

in der Jugendorganisation Eurer Partei (BAK Shalom), der jedes militärische Vorgehen

des Staates Israel unterstützt und militaristische und nationalistische Propaganda betreibt;

schließlich das Schweigen der Mehrheit der führenden Parteimitglieder zur israelischen

Besatzungspolitik. All das hat uns bewogen, unsererseits nicht länger zu schweigen, sondern

zu intervenieren.

Die Problematik einer solchen Intervention ist uns bewußt. Wir haben nicht die Absicht,

Euch vorzuschreiben, wie Ihr in Eurem Land zu agieren und Euch zu äußern habt. Wir

wissen, daß der Diskurs über Israel in Deutschlandaus nachvollziehbaren und gewichtigen

Gründenein sensibles Thema ist. Das Andenken an den Holocaust und der auch heute

in Deutschland gebotene Kampf gegen Antisemitismus, gehören zu den wichtigsten Aufgaben jeglicher

emanzipatorischen Bewegung. Nicht trotz, sondern gerade aufgrund dieser Tatsache fällt es

uns schwer nachzuvollziehen, wie man die israelische Besatzungspolitik in Deutschland als Teil

der »Lehren aus der deutschen Geschichte« rechtfertigen kann.

BRD ist mitverantwortlich Wenn wir uns an Euch wenden, so geschieht

dies, weil wir um die Bedeutung von Deutschland als Macht innerhalb der EU und darüber hinaus

und daher auch um den deutschen Einfluß im Nahen Osten wissen. Die intensiven diplomatischen

und militärischen Aktivitäten der Bundesrepublik in der Region und die aktive Unterstützung

der israelischen Besatzungspolitik reichen uns, um in der BRD einen der Akteure zu sehen,

die für die durch die israelische Regierung begangenen Verstöße gegen das Völkerrecht

und für die israelischen Kriegsverbrechen mitverantwortlich sind. Aus diesem Grund denken

wir, daß es unser Recht ist, von Euch als Aktivistinnen und Aktivisten für soziale

Veränderung in Deutschland und als Mitglieder in einer Partei, die im Parlament und in regionalen

Regierungen vertreten ist, Verantwortung für das Vorgehen Eures Staates in Bezug auf unser

Land zu übernehmen.

Die andauernde Besatzung und Entrechtung sind keine innerisraelischen Angelegenheiten. Die

antidemokratische Herrschaft des Staates Israel über mehr als drei Millionen Palästinenserinnen

und Palästinenser, die kein Wahlrecht haben, sowie die Kriegsverbrechen, die in den besetzten

Gebieten stattfinden, sind Angelegenheit von allen, denen die Menschenrechte ein Anliegen

sind. Vor allem aber tragen die Bürgerinnen und Bürger von Eu­ropa wegen ihrer

auch in der Gegenwart weiterhin stattfindenden kolonialistischen Interventionen im Nahen

Osten eine besondere Verantwortung für den Konflikt.

Angesichts dessen ist eine Scheu davor, Israel zur Verantwortung zu ziehen, unangebracht.

Die ökonomische, militärische und politische Unterstützung, die Israel von der EU und

besonders von Deutschland erfährtz.B. in Form von Waffenlieferungen und von Investitionen

oder, indem Israel ein bevorzugter Status im Handelsabkommen mit der EU eingeräumt

wirdfördert einen Friedensprozeß nicht, sondern trägt zur Aufrechterhaltung der Besatzung

und zur umfassenden Repression gegenüber der palästinensischen Bevölkerung bei.

(...)

Darüber hinaus bedürfte es angesichts der Schwäche der Palästinenserinnen und Palästinenser

eines stärkeren Drucks auf Israel seitens der internationalen Gemeinschaft. Die stärkere

Seite wird ohne wirksamen Druck ihre Postionen niemals aufgeben. Der Staat Israel hat immer

wieder bewiesen, daß er nicht zu einem Friedensabkommen und zur Beendigung der Besatzung bereit ist,

ohne daß im Ausland intensiv Druck seitens der Zivilgesellschaft und/oder der Regierungen

ausgeübt würde. Wir sind ermutigt durch Eure letzten Wahlerfolge und hoffen, daß

Euer Erstarken dafür sorgt, in Sachen soziale Gerechtigkeit, Bürgerrechte, Feminismus und

Antirassismus in Deutschland neue Themen auf die Tagesordnung zu bringen. Wir sind überzeugt,

daß eine linke und solidarische Politik auch eine internationalistische Agenda haben muß,

und wir erwarten, daß sich Eure Partei auch in diesem Bereich am weltweiten Dialog mit

linken, antirassistischen und feministischen Kräften aktiv beteiligt. Als Teil eines solchen

Dialogs möchten wir unsere Positionen zur Politik Eurer Partei in bezug auf den Konflikt

in Israel/Palästina darstellen.

Wir sind der Auffassung, daß der Staat Israel für die Besatzung, die rassistische Separation

und die Kriegsverbrechen nicht belohnt und darin bestärkt werden sollte. Nur eine Politik,

die Israel klarmacht, daß Verstöße gegen das internationale Recht nicht zu akzeptieren

sind, kann einen gerechten Frieden für alle Bewohnerinnen und Bewohner des Landes bringen.

Einige Empfehlungen Einige konkrete Forderungen, die Eure Partei

stellen könnte, sind z.B.:

Die Einstellung aller deutschen Waffenexporte nach Israel. (...) Deutschland treibt nicht

nur Handel mit einem Staat, der systematisch gegen das internationale Recht verstößt,

sondern verwöhnt Israel mit Geschenken in Höhe von Milliarden Euro. Deutschland wurde

kürzlich von Israel sogar aufgefordert, ihm zwei Kriegsschiffe zu schenken.

Die Verhinderung der Aufwertung der Handelsabkommen zwischen der EU und Israel. (...) Während

in Europa eine solche Intensivierung der Beziehungen als Verbesserung des Vertrauensverhältnisses

zwischen Israel und der EU betrachtet wird, faßt Israel solche Schritte als Schwäche

der EU und als Ermutigung auf, weiterhin gegen die Menschenrechte zu verstoßen. Nötig ist

ein allgemeines Importverbot der EU für israelische Produkte, die ganz oder teilweise in den besetzten

Gebieten (inklusive Ostjerusalem) produziert werden.

Die Förderung von Gerichtsverfahren gegen die Täter bei Kriegsverbrechen in Israel/Palästina

und die Umsetzung der Empfehlungen des Goldstone-Berichts.

Die Unterstützung von Organisationen und Aktivistinnen und Aktivisten der Zivilgesellschaft

in Israel/Palästina und vor allem des gewaltfreien und basisdemokratischen Widerstands gegen

die Mauer und die Siedlungen in den besetzten Gebieten.

Abgesehen von diesen Vorschlägen hoffen wir, daß Eure Partei sich erfolgreich darum bemühen

wird, in Deutschland eine Debatte über die Bedeutung der deutschen Verantwortung für

das Geschehen im Nahen Osten zu initiieren. Es sollte eine Debatte sein, die aus einer

historischen und aktuellen Sicht, die alle Bewohnerinnen und Bewohner der Region gleichermaßen

berücksichtigt, eine Politik des Friedens, der sozialen Gerechtigkeit und der Menschenrechte

fördert. Wir würden uns freuen, zusammen mit unseren palästinensischen Genossinnen

und Genossen sowie Partnerinnen und Partnern an den Debatten in Eurer Partei über das

Geschehen in unserer Region teilzunehmen und hoffen, daß dieser Brief zu einem fruchtbaren

und gleichberechtigten Dialog zwischen der Linken in Deutschland und der Linken in Israel/Palästina

beiträgt.

Mit solidarischen Grüßen

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